Duesseldorf Augmented

 
DUESSELDORF AUGMENTED
 

APP INFO

DUESSELDORF AUGMENTED

Mit der App Düsseldorf Augmented lassen sich 3D-Inhalte im Stadtraum Düsseldorfs anzeigen. Sie ist gedacht, um Kunst am Bau Projekte, Augmented Reality Kunstprojekte und historische Rekonstruktionen im öffentlichen Raum zu visualisieren. Die digitale Rekonstruktion und die Entwicklung der App konnten im Auftrag der Kunstkommission Düsseldorf mit Hilfe der Bezirksvertretung 1 der Stadt und der Filmwerkstatt Düsseldorf e.V. realisiert werden. Leitung Jan Wagner, technische Umsetzung Oleg Yushko.

 

PILOTPROJEKT

INNERE FESTIGUNG VON JUPP RÜBSAM

Photogrammetrie der Denkmalfragmente

 
Das erste Projekt, das für Düsseldorf Augmented realisiert wurde, ist eine 3D Rekonstruktion des Denkmals Innere Festigung von Jupp Rübsam an seinem ursprünglichen Standort vor der Tonhalle Düsseldorf, wo sich auch zwei Originalfragmente des Denkmals befinden.
Dazu müssen Sie die App aus dem Google Play Store bzw. dem App Store herunterladen und auf Ihrem Smartphone installieren. Über das unten abgebildete Target/ Muster können sie die 3D Rekonstruktion auch zuhause an ihrem Monitor sichtbar machen.

  •  Öffnen Sie die App auf ihrem Smartphone.
  •  Richten Sie Ihre Handykamera auf das dreieckige Target/ Muster, welches am
    Ende dieses Textes zu sehen ist.
  • Das Denkmal wird als 3D Rekonstruktion auf ihrem Smartphone angezeigt.

Wenn Sie es in der Originalgröße und an seinem ursprünglichen Standort betrachten möchten, finden Sie vor der Tonhalle Düsseldorf die entsprechenden Hinweisschilder, die in unmittelbarer Nachbarschaft der Originalfragmente auf die App hinweisen.
 


HISTORIE

Ein Denkmal für das 39er Regiment

Das Denkmal Innere Festigung aus dem Jahr 1928 ist beispielhaft für die Auseinandersetzungen über die unbewältigte Niederlage des 1. Weltkriegs in der Weimarer Republik. Auf Grund eines fehlenden gesellschaftlichen Konsens, überlies man die Errichtung von Denkmälern und Gedenkorten weitgehend den militärischen Organisationen. So realisierte die Kameradschaft der Ehemaligen 39er mit eigenen Mitteln und einem eigenem Denkmalausschuss die Denkmäler von 1928 und 1939. Ende 1927 wählt der Denkmalausschuss die Arbeit Innere Festigung des Düsseldorfer Bildhauers Jupp Rübsam aus 83 Einsendungen aus.
 
Rübsam, Absolvent der Düsseldorfer Kunstakademie und Mitglied des Jungen Rheinlands, diente selber als Kriegsfreiwilliger im Regiment der 39er und war von 1916 bis 1920 in französischer Kriegsgefangenschaft in Nordafrika. In seinem Wettbewerbsentwurf setzte sich Rübsam stark von der tradierten Formensprache des 19. Jahrhunderts ab. Die sphinxartige Haltung, die freundschaftlich schützende Hand, mehr Geste des Beistands als des Kampfes, und der Verzicht auf heroisches Pathos im Allgemeinen, gaben ein anderes Bild der Kameradschaft als es in der Zeit üblich und populär war.

Direkt nach dem Krieg wurden im deutschen Reich unzählige Denkmäler gebaut: „Eine Bewältigung des Kriegserlebnisses und der Kriegsfolgen scheint nach 1918 unmittelbar über die Kriegerdenkmale versucht worden zu sein.“ „Für die erste Nachkriegszeit wurde in Regionalstudien eine Zäsur im Jahr 1925 beobachtet. Waren vorher in den Gedenkzeichen meist christliche Trauer- und Trostmotive vorherrschend, so standen bei den späteren Denkmalen Trotz und profaner Trost im Vordergrund“ (1)

Aber auch Mahnmale, die die Sinnlosigkeit des Krieges thematisierten und sich der Aussage der heroischen Kriegerdenkmäler entgegenstellten, entstanden in dieser Zeit. Der Historiker Gerd Krumeich spricht von einem „Stellungskrieg der Denkmäler“ in der Weimarer Republik. Der Begriff vom „Gegendenkmal“ entstand in der Auseinandersetzung über die Denkmäler und Gedenkstätten für die Toten des 1. Weltkrieg in der Weimarer Republik.

Im Vorfeld der Grundsteinlegung am 4. März 1928 wurde das Modell von Rübsam der Öffentlichkeit durch Fotos in der Presse bekannt gemacht. Das Düsseldorfer Tageblatt zum Beispiel lobt das Denkmal als ein „wuchtiges und doch geschmackvolles Monument“.(2)

Am 2. September 1928, dem sogenannten „Sedantag“, wurde das Denkmal feierlich eingeweiht.
Erich Ludendorff, ehemaliger Kommandeur der 39er, Namensgeber des Regiments, und eigentlich Ehrengast der Veranstaltung, nahm an der feierlichen Einweihung des Denkmals demonstrativ nicht teil. In seinen Lebenserinnerungen schreibt der „Feldherr“ und de facto Militärdiktator von 1916 bis 1918: „Die beiden liegenden Rohlinge im feldgrauen Rock waren plumpe, niederrassische Halbtiere, geeignet den Soldaten des alten Heeres und Soldatentum und Heldenverehrung an der Westgrenze des Reiches im Sinne jüdischer Weltanschauung herabzusetzen.“ Ludendorff fordert die Stadt Düsseldorf in der Folgezeit wiederholt auf seinen Namen auf der Inschrift des Denkmals zu entfernen und bemühte sich vehement „den Kameraden die Augen zu öffnen“.

Auch wegen seiner modernen Ästhetik und mehrdeutigen Aussage wurde das Werk von deutschnationalen und nationalsozialistischen Gruppen als „hinterasiatisch“, „unheldisch“, „jüdisch“ und als „Verhöhnung des Frontsoldaten“ tituliert. Wolfgang Willrich, ein Vertreter der nationalsozialistischen Kunstpolitik vertritt die Ansicht, dass die nationalsozialistische Kunstauffassung sich erst in der Auseinandersetzung mit diesem Denkmal herausgebildet und „deutsche Kunst von „entarteter Kunst“ zu scheiden gelernt hat (3)

Vor 1933 gab es auch Kritik von Sozialdemokraten und Kommunisten an der Arbeit von Rübsam, die das Werk als „großangelegte Reklame der Düsseldorfer Ludendorff Anhänger“ sahen. Empörung löste bei Teilen der Düsseldorfer Bevölkerung die Einweihung des Denkmals aus, zu der, mit Rücksicht auf den Antisemiten Ludendorff, die jüdischen Bürger*innen und die jüdischen Angehörigen der 39er nicht eingeladen wurden, die zuvor auch für die Kosten des Denkmals gespendet hatten.

Offensiv wurde das Denkmal von den Düsseldorfer Künstler*innen des Jungen Rheinlands verteidigt. Bei einer Veranstaltung in der Aula der Kunstakademie im März 1929 forderten sie: „Gestützt auf die Bestimmungen der Reichsverfassung über die Freiheit und den Schutz der Kunst, erwarten die protestierenden Künstler Düsseldorfs vom Reich, Land und Stadtverwaltung energischen Schutz gegen die sich immer mehr häufenden Versuche, an Kunstwerken aus unkünstlerischen Motiven sich zu vergreifen.“ (2)

Nach der Machtübernahme im Januar 1933 wurde die Arbeit direkt im März 1933 abgebaut und auf dem städtischen Lagerplatz am Karlshof eingelagert. Bei einem Bombenangriff auf Düsseldorf im Jahr 1942 wurde die Arbeit weitestgehend zerstört.

Im Jahr 1965 werden Fragmente von Innere Festigung im Garten des Speeschen Palais aufgestellt. 1974 bemüht sich eine private Initiative um eine Rekonstruktion von Innere Festigung am ursprünglichen Standort vor der heutigen Tonhalle. Die Stadt lehnte dies aus Kostengründen ab. Nach dem Tod von Jupp Rübsam im Jahr 1976 werden 1978 die wenigen erhaltenen Fragmente in der Nähe des ursprünglichen Standorts vor der Tonhalle aufgestellt.

2020 entsteht, im Auftrag der Kunstkommission Düsseldorf, die vorliegende AR-App. Sie zeigt eine 3D Rekonstruktion, die auf Grundlage von historischen Fotos und des im Stadtmuseum befindlichen Originalmodells entstanden ist.

Text: Jörg-Thomas Alvermann
(1)
Sabine Berenbeck: Heldenkult oder Friedensmahnung, in: Gottfried Niedhart, Dieter Riesenberger: Lernen aus dem Krieg? Deutsche Nachkriegszeiten 1918/1945, München 1992

(2)
Jutta Pitzen, Jupp Rübsam (1986-1976), Krefeld 1991

(3)
Wolfgang Willrich: Säuberung des Kunsttempels. Eine Kunstpolitische Kampfschrift zur Gesundung deutscher Kunst im Geiste nordischer Art München/Berlin: Lehmanns Verlag 1938