CARTE BLANCHE

In Kooperation mit der Streaming-Plattform filmfriend.de, präsentieren wir in der Reihe Carte Blanche ein kuratiertes Filmprogramm. Dazu laden wir Regisseur*innen, Kino- oder Festivalmacher*innen sowie weitere kulturelle Akteur*innen ein, jeweils acht Filme aus dem Angebot der Online-Plattform auszusuchen. Die Auswahl ist den eingeladenen Gästen ohne inhaltliche Vorgaben überlassen.

Filmfriend ist die Film-Streaming-Plattform (Video-on-Demand-Angebot) der deutschen Bibliotheken und Büchereien. Der Log-in erfolgt über die Webseite von filmfriend.de. Die Nutzer*innen melden sich mit der Ausweisnummer ihres Büchereiausweises und ihrem Passwort an. Das Angebot ist kostenfrei.

kuratiert von Laurentia Genske

Laurentia Genske wurde in Köln geboren. Sie studierte Dokumentarfilmregie an der Kunsthochschule für Medien Köln und an der Escuela Internacional de Cine y Television in Kuba. Während ihres Studiums realisierte sie die Dokumentarfilme Am Kölnberg, El Manguito und Afuera. Ihr Abschlussfilm Am Kölnberg und ihr Debütfilm Zuhurs Töchter starteten in den deutschen Kinos. Ihre Filme wurden zu international renommierten Festivals eingeladen und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.


Seefeuer

FR/IT 2016 | 109 Min. | R: Gianfranco Rossi

Samuele ist zwölf Jahre alt. Nach der Schule trifft er seine Freunde oder streift mit einer selbstgebauten Steinschleuder durch die Gegend. Er will Fischer werden, so wie sein Vater. Samuele lebt auf der Mittelmeerinsel Lampedusa, auf der das Leben schon immer von dem geprägt war, was das Meer bringt. Seit Jahren sind das nun vor allem Menschen – Tausende Flüchtlinge, die in der verzweifelten Hoffnung auf ein besseres Leben eine lebensgefährliche Reise wagen.

Ein Jahr lang beobachtete Regisseur Gianfranco Rosi Leben und Alltag auf Lampedusa, der „Insel der Hoffnung“, die zur Anlaufstelle unzähliger Flüchtlinge wurde. Der bewegende Dokumentarfilm überzeugte auf der 66. Berlinale Publikum wie Kritiker und gewann den Goldenen Bären als Bester Film.


Nostalgia de la Luz

DE/CL 2010 | 90 Min. | R: Patricio Guzmán

In seinem essayistischen Dokumentarfilm stellt Patricio Guzmán die traditionsreiche astronomische Forschung seines Heimatlandes Chile den Nachwirkungen der Pinochet-Diktatur gegenüber. Schnittpunkt der gegensätzlichen Themenbereiche ist die riesige Atacamawüste im Norden Chiles. Hier befindet sich nicht nur eine Reihe internationaler, sehr bedeutender Observatorien, hier wurden in den 1970er- und 1980er-Jahren auch zahllose Opfer der Diktatur verscharrt. Während heute Astronomen den Himmel nach neuen Erkenntnissen über das Universum durchforsten, graben Witwen und Mütter im Wüstenboden nach den Überresten ihrer ermordeten Angehörigen.

Nostalgia de la Luz ist der erste Teil von Patricio Guzmáns Dokumentarfilm-Trilogie über die Geschichte Chiles. Der Film wurde beim Festival von Cannes mit einem Special Screening geehrt.


Der Wald ist wie die Berge

DE/RO 2014 | 97 Min. | R: Didier Guillan & Christiane Schmidt

Ein Jahr lang haben die Regisseure Christiane Schmidt und Didier Guillain das Leben in einem rumänischen Roma-Dorf in den Karpaten mit der Kamera begleitet. Im Mittelpunkt steht die Familie Lingurar, die in vier Generationen in ihrer Dorfgemeinschaft lebt. Der Alltag der Erwachsenen ist bestimmt von der Notwendigkeit, ständig neue Quellen des Überlebens zu finden. Auch die Kinder müssen mithelfen. Sie wissen, dass ihr Dorf arm ist.

„Nie haben Roma Geld,“ weint einmal ein kleines Mädchen, während manche ältere Dorfbewohner sogar die Zeit des brutalen Diktators Ceascescu zurückwünschen. Da sorgten Industriearbeitsplätze in der nahegelegenen Stadt für ein Auskommen.


Kabul, City in the Wind

DE/NL 2018 | 90 Min. | R: Aboozar Amini

Die Staubwolken von Kabul verhüllen die Stadt in einen Schleier aus Angst. In dem Meer der Häuser leben Menschen mit Gefühlen und Träumen, die jeden Tag der Sorge vor Gewalt trotzen.

Regisseur Abozaar Amini ist seinen Protagonisten sehr nahe. Er ist ihrem Schicksal nur entronnen, weil ihn seine Mutter um das Jahr 2000 herum zur Flucht drängte. In den Niederlanden schaffte er es, Regie zu studieren, und hier lebt er. Kabul, City in the Wind ist sein Langfilm-Debüt, für das er 15 Mal zum Drehen zurück nach Afghanistan fuhr.

Der Film wurde auf dem renommierten IDFA Dokumentarfilmfest Amsterdam uraufgeführt und mit dem Special Jury Award geehrt. Weitere Festivalteilnahmen trugen ihm u.a. den NEXT:WAVE Preis des CPH:DOX Kopenhagen ein und führten ihn zu den Visions du Réel im Schweizerischen Nyon und auf das DOK.fest München.


Sonita

IR/DE 2015 | 91 Min. | R: Rokhsareh Ghaemmaghami

Wenn es sich die 18-jährige Sonita aussuchen dürfte, wäre Michael Jackson ihr Vater und Rihanna ihre Mutter. Sonita ist mit ihren Geschwistern aus Afghanistan geflohen, seit elf Jahren lebt sie ohne Papiere in Teheran. Ihr sehnlichster Wunsch: eine berühmte Rapperin zu werden. Eine soziale Einrichtung unterstützt sie bei der Überwindung der Fluchttraumata und bei der Planung ihrer Zukunft.

Doch ihre Familie hat ganz andere Pläne: Sonita soll für 9.000 US-Dollar an einen fremden Ehemann nach Afghanistan verkauft werden. Die Zeit drängt, denn die Familie braucht Geld. Für die Hochzeit des Sohnes.

Sonita gelingt es mit einer Geldzahlung, ihre erzwungene Rückkehr nach Afghanistan zu verhindern. Sie nimmt in Teheran ein Musikvideo auf und stellt es auf YouTube. Damit aber verletzt sie die Gesetze ihres Aufnahmelandes: Das im Iran geltende Scharia-Gesetz verbietet Frauen Auftritte als Solo-Sängerinnen.

Sonitas Video ist ein furioser Aufruf gegen die Zwangsheirat. Es wird weltweit bekannt. Diese Aufmerksamkeit wird das Leben von Sonita entscheidend verändern.


Schönheit

DE 2011 | 82 Min. | R: Carolin Schmitz

Eine Automobilkauffrau, die Karriere machen möchte, eine alleinstehende Bankangestellte, die eine Schuhsammlung besitzt und mit ihren Katzen lebt. Eine Mutter, die Gründerin eines Internetforums ist, das sich mit ästhetischen Operationen befasst. Eine Frau, die Probleme mit ihrem Übergewicht hatte und ein Friedhofsgärtner, der sein Leben bis ins Endliche vorgeplant hat. Menschen aus der deutschen Mittelschicht. Auf den ersten Blick scheint an den Protagonisten in Schönheit nichts ungewöhnlich zu sein, allerdings haben sie alle etwas vermeintlich Außergewöhnliches gemeinsam – eine Schönheitsoperation.

Carolin Schmitz gewährt dem Zuschauer einen Einblick in das Leben von Menschen, die sich im Namen der Schönheit unters Messer gelegt haben, aber auch von Menschen, die plastische Operationen durchführen. Welche Lebensentwürfe haben diese Personen? Was verstehen sie unter Schönheit?


Vergiss mein nicht

DE 2013 | 88 Min. | R: David Sieveking

„Während meine Mutter ihr Gedächtnis verliert, wird mir klar, wie wenig ich über sie weiß.“

David Sieveking ist Mitte 30, als er für einige Wochen zurück in sein Bad Homburger Elternhaus zieht. Er wird für eine Weile die Pflege seiner an Demenz erkrankten Mutter Gretel übernehmen. Denn Vater Malte, der seine Ehefrau zu diesem Zeitpunkt seit fünf Jahren pflegt, braucht dringend Entlastung.

Mit dem Einverständnis der Familie bringt David gleich ein ganzes Filmteam mit. Und viele Fragen. Seine Eltern waren früher ein unkonventionelles Paar, die miteinander drei Kinder hatten und trotzdem in offener Ehe lebten. Vater Malte war zuletzt Mathematik-Professor. Mutter Gretel wurde nach einem Sprachwissenschafts-Studium in Hamburg eine der ersten TV-Moderatorinnen des NDR, sogar mit eigener Sendung. Als das erste Kind unterwegs war, gab sie diesen Beruf jedoch auf und folgte ihrem Ehemann, der in Südwestdeutschland Arbeit gefunden hatte.

Die Anwesenheit des Filmteams wirken erfrischend auf die Mutter, die endlich wieder Eigeninitiative entwickelt und neue Lebensfreude zeigt. Trotz ihrer zeitlich wie örtlichen Orientierungslosigkeit bleibt Gretel heiter und gelassen: Sie hält sich für eine junge Frau und David für ihren Mann Malte.


Fishtank

UK/NL 2009 | 119 Min. | R: Andrea Arnold

Mia sucht Streit, seit sie von der Schule geflogen ist. Mit ihrer Mutter, der frechen Schwester, den Mädels vom Block. Ein schiefer Blick und ihr platzt der Kragen, dass es kracht. Nur wenn sie für sich allein tanzt, ist sie für Augenblicke glücklich. Da steht an einem heißen Sommertag plötzlich ein halbnackter Mann in der Küche: Connor der neue Freund der Mutter. Mia ist fasziniert. Connor nimmt ihre Nöte ernst, er bringt eine Ahnung von Familienglück ins Haus. Doch wer ist dieser Mann, der kommt und geht? Und was will Mia? Einen Vater, einen Kumpel oder mehr?

Selten zuvor wurden die widersprüchlichen Gefühle einer heranwachsenden jungen Frau so auf den Punkt gebracht: Diese rebellische Mia ist widerborstig und verletzlich zugleich, ein gefährlicher Wirbelwind, sensationell lebensecht verkörpert von Katie Jarvis, die von der Straße weg gecastet wurde. Zwischen ihr und Michael Fassbender – umwerfend viril als Connor – knistert es vom ersten Augenblick. Alles scheint möglich – und die Oscar-prämierte Regisseurin Andrea Arnold steigert die Spannung mit mehr als einer überraschenden Wendung bis zum atemlosen Finale.

Ein Film wie ein rauer Diamant, heftig, voll unerwarteter Zärtlichkeit und Hoffnung, ein cineastisches Wunder, zu Recht in Cannes mit dem Preis der Jury gekrönt!


CARTE BLANCHE ANNA ZAMECKA

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CARTE BLANCHE OLAF KARNIK

CARTE BLANCHE FRANZ MÜLLER

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Alle Bilder ©filmfriend.de